Am Abend des 1. Dezember 2023 kam es auf der A555 zwischen Wesseling und Bornheim zu einem der schwersten Verkehrsunfälle der vergangenen Jahre. Gegen 23.30 Uhr kollidierten nach Erkenntnissen der Polizei ein Mercedes und ein Audi, der daraufhin auf das Heck eines VW Polo auffuhr. Das Fahrzeug geriet in Brand – für die beiden Insassen, eine 49-jährige Mutter und ihre 23-jährige Tochter, kam jede Hilfe zu spät.
Ein Reporter von Erftkreis News traf kurz nach den ersten Einsatzkräften am Unfallort ein. Zunächst schien es, als handele es sich um einen gewöhnlichen Fahrzeugbrand. Erst vor Ort wurde klar, dass sich noch Menschen im Inneren befanden. Feuerwehrchef André Bach koordinierte die Brandbekämpfung und forderte nach kurzer Zeit das PSU-Team (Psychosoziale Unterstützung) für die Einsatzkräfte an. Für die Feuerwehrleute war schnell deutlich: Eine Rettung war nicht mehr möglich.
Viele Beteiligte kämpfen bis heute mit den Eindrücken dieser Nacht. Bach selbst ist nach dem Einsatz dienstunfähig und spricht offen über die psychische Belastung, die dieser Einsatz hinterlassen hat.
Die Zahl hinter dem Schicksal
Solche Ereignisse zeigen, wie tief ein Unfall in viele Leben eingreift. Laut einer Untersuchung des Bundesverkehrsministeriums betrifft jeder Verkehrstote im Durchschnitt 113 Menschen – direkt oder indirekt. Angehörige, Freunde, Kolleginnen, Einsatzkräfte, Journalisten, Ersthelferinnen und Augenzeugen. Diese Zahl steht sinnbildlich für das, was viele in solchen Nächten erleben: Ein einzelner Moment verändert das Leben Dutzender Menschen für immer.
Die Serie „Hundertdreizehn“ erzählt genau davon
Diese Erkenntnis bildet auch den Ausgangspunkt der ARD-Serie „Hundertdreizehn“, einer Koproduktion von WDR, ARD Degeto und ORF, gefördert von der Film- und Medienstiftung NRW. Drehbuchautor Arndt Stüwe stieß auf die Zahl 113, als er las, wie viele Menschen vom Tod eines Unfallopfers betroffen sind. Daraus entwickelte er die Idee für eine sechsteilige Serie über die Folgen eines Busunglücks.
Im Mittelpunkt steht ein katastrophaler Verkehrsunfall, bei dem ein Reisebus auf einer Hochstraße verunglückt. Die Serie zeigt in sechs Episoden, wie dieses Ereignis das Leben vieler Menschen verändert – von Angehörigen über Augenzeugen bis zu Einsatzkräften. Jede Folge erzählt ein Einzelschicksal: In der ersten Folge kämpft die Familie des Busfahrers mit dem Wissen, dass ihr Vater ein Doppelleben führte. In einer anderen Folge ringt ein älterer Mann mit beginnender Demenz um seine Erinnerungen an den Unfall. Eine junge Frau überlebt das Unglück, trägt aber schwere Schuldgefühle. Ein Feuerwehrmann wird durch die Rettung eines Kindes mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert.
Alle Figuren sind durch den Unfall miteinander verbunden. Erst nach und nach wird deutlich, wie eng ihre Geschichten verwoben sind – durch Zufall, Schicksal oder Verantwortung. „Mich hat fasziniert, wie viele Leben sich durch ein einziges Ereignis verändern können“, sagte Stüwe im Gespräch mit dem WDR. Regisseur Rick Ostermann inszenierte den Stoff als intensives Drama über Schuld, Vergebung und den Versuch, nach einer Katastrophe wieder Halt zu finden. Die Serie verzichtet auf Effekthascherei und setzt stattdessen auf emotionale Nähe, starke Schauspieler und eine klare visuelle Handschrift. Produzent Moritz Polter beschreibt sie als „radikale, aber zutiefst menschliche Erzählung darüber, wie Schicksal und Verantwortung zusammenhängen“.
Nach der Ausstrahlung und Veröffentlichung in der ARD-Mediathek sorgte „Hundertdreizehn“ für außergewöhnlich viel Zuspruch. In den sozialen Netzwerken des WDR, vor allem auf Facebook, schrieben Zuschauerinnen und Zuschauer:
„Ganz schön heftig. Hab ich sofort durchgesuchtet.“ – Tina H. „Absolut spannend. Habe alle Teile hintereinander geguckt – hat sich echt gelohnt.“ – Stefan B. „Lange nicht mehr so eine gute deutsche Serie gesehen. Bitte mit einem neuen Fall fortsetzen.“ – Melanie M.
Viele erkennen in der Serie etwas wieder, das sie aus dem echten Leben kennen – die Schockmomente, die Trauer, die Hilflosigkeit und die lange Zeit danach.
Die Realität
Was „Hundertdreizehn“ filmisch verdichtet, erleben Rettungskräfte und Polizisten im Rhein-Erft-Kreis in realen Einsätzen. Unfälle wie der auf der A555 hinterlassen Spuren – bei Familien, Freundeskreisen, aber auch bei jenen, die helfen. Die Serie übersetzt diese Erfahrungen in eine emotionale, humanistische Erzählung und erinnert daran, dass hinter jeder Blaulichtmeldung Menschen stehen, deren Leben sich für immer verändert hat.
Die komplette Serie „Hundertdreizehn“ ist in der ARD-Mediathek abrufbar